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Interview mit Andreas Sommer

Der Sagenwanderer ist zurück – und diesmal nicht nur mit Märchen im Gepäck, sondern mit einer ganzen Welt. In seinem neuen Roman «Drachenberg» lässt Andreas Sommer uralte Mythen aufleben, erschafft die römische Stadt Vendolindium am Ufer des Thunersees und führt die Leserschaft durch Nebel, Höhlen und Erinnerungen. Was bei Wanderungen und Höhlenführungen als leises Raunen begann, wurde zum Epos mit über 700 Seiten.

Anzeiger Interlaken: Andreas Sommer, Ihr neuer Roman trägt den Titel «Drachenberg» – ein Wort, das nach Schwefel und Zauber ruft. Was hat Sie geritten, in diese Welt hinabzusteigen? Andreas Sommer: Lange Zeit habe ich im Innern des «Drachenberges», den St.-Beatus-Höhlen, Touren geführt und die Sage vom Eremiten und Drachen erzählt. Auch Überlieferungen aus dem Wendelsee, dem Niesen, dem Seefeld, dem Schafloch oder der Strättligburg beschwöre ich seit Jahren auf meinen Sagenwanderungen. Nun wurde es Zeit, der Kraft dieser Geschichten ein literarisches Gefäss zu geben.

Sie sind Sagenwanderer, Hüter alter Geschichten, Erzähler, Schriftsteller. Was unterscheidet «Drachenberg» von Ihren bisherigen Werken? Mit diesem Roman wage ich mich erstmals in die Sagenwelt des Berner Oberlands vor. ­Meine bisherigen Bücher waren auf die Gantrisch-­Region fokussiert. Jetzt lade ich die Lesenden ein, direkt in eine magische Zeit einzutauchen – in eine Landschaft voller Magie und Abenteuer, unvorstellbar und doch ganz nahe, unter unseren Füssen und rund um unsere Sinne.

Der junge Held Ihrer Geschichte, Anêrios, wider­setzt sich, Menschen zu opfern, und zieht aus, seinen Freund zu retten. Eine klassische Heldenreise? Ja, es ist das bekannte Motiv, welches vielen Märchen und Mythen eigen ist: Ein unbedarfter Jüngling bricht aus seiner vertrauten Umgebung auf, stellt sich einer übermächtigen Bedrohung – aus Glauben an das Gute. Zum Glück findet er Verbündete, unter anderem den jungen Beatus, und erhält Hilfe aus der Anderswelt der Feen und Zwerge. Am Ende siegt nicht der Einzelne, sondern das Zusammenspiel wohlwollender Kräfte. «Drachenberg» ist eine Geschichte über Machtmissbrauch und die Kraft der Freundschaft.

Das Berner Oberland, insbesondere die Thunerseeregion, ist mehr als nur Kulisse. Wie wichtig war Ihnen die Verankerung in dieser Landschaft? «Drachenberg» kann nur in dieser Region spielen! Die Sagenmotive sind tief in diesem Boden verwurzelt. Ich sehe das Werk als Ode an den Zauber dieser Gegend. Ich möchte zeigen, dass «Mittelerde» direkt vor unserer Haustür liegt. Wer mit der Region vertraut ist, wird vieles wiedererkennen, auch wenn es im Roman wilder und roher daherkommt.

Im Roman treffen Kelten auf Römer, Nixen auf Sklavenjäger, ein Wanderprediger auf eine Prinzessin. Was erwartet das Publikum zwischen den Seiten? Eine Reise in eine archaische Zeit, die durch die enge Verbindung des Menschen mit den Phänomenen und Zyklen der Natur geprägt war. Unsere Vorfahren lebten im Bann eines mythologischen Weltbilds, als Spielball geheimnisvoller Mächte. Ich versuche, den Zusammenprall von Antike und Mittelalter, Christentum und alten Götterkulten aufzuzeigen – und vor allem eine spannende Geschichte zu erzählen, die Hoffnung gibt.

Sie haben viele Jahre selbst durch die St.-Beatus-­Höhlen geführt. Welche Rolle spielte dieser Ort für die Entstehung von «Drachenberg»? Die Idee entstand auf unzähligen Gängen durch das Berginnere – zwischen Tropfsteinen, plätschernden Rinnsalen und dem Widerhall alter Sagen. Deshalb beginnt «Drachenberg» in der Beatushöhle – und hört auch dort wieder auf. Das «Drachenloch» ist zentraler Schauplatz der Geschichte und hält einige Überraschungen bereit. Wer das Buch gelesen hat, wird diese Höhle mit anderen Augen sehen.

Hat «Drachenberg» auch einen Bezug zur heutigen Zeit? Die Herausforderungen im sechsten Jahrhundert waren den heutigen nicht unähnlich: Liebe, Macht, Manipulation, Vertrauen, Verrat, Schönheit und Schrecken. All das nimmt auf dieser 700-seitigen Reise Gestalt an. Dass soll uns daran erinnern, dass unser Dasein trotz naturwissenschaftlicher Aufklärung nach wie vor ein unfassbares Wunder ist. Vielleicht – das ist mein sehnlichster Wunsch – vermag «Drachenberg» auch ein neues Heimatgefühl zu wecken und die Verbindung zum eigenen Boden zu stärken.

Drachenberg, ein magischer Roman aus der Schweizer Sagenwelt, 736 Seiten, ISBN 978-3-8582-0360-1. Buchvernissage: 30. April, 19.00 Uhr, St.-Beatus-Höhlen.
Mit Lesung in der Domgrotte, Apéro, Signierstunde und Ausstellung der Originalillustrationen. Platzzahl beschränkt, Anmeldung unter Telefon 033 841 16 43, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

www.animahelvetia.ch
24. April 2025

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