Der Verein Pararace, der am 16. und 17. August zum fünften Mal einen Roll-Event auf dem Flugplatz Interlaken durchführt, hat einen prominenten Vizepräsidenten: Heinz Frei, einer der erfolgreichsten Rollstuhlsportler aller Zeiten, erklärt im Interview, wie er zu diesem Amt kam.
Anzeiger Interlaken: Im September 2024 bestritten Sie ihren letzten Wettkampf im Spitzensport. Gehört der Sport noch immer zu Ihrem Alltag? Heinz Frei: Der Sport gehört zu meiner DNA. Um fit zu bleiben, trainiere ich mindestens eine Stunde pro Tag. Das gehört für mich zur Altersvorsorge, es gibt mir Lebensfreude, Lebensqualität und Selbständigkeit. Die Radtouren mit meiner Frau umfassen auch mal 100 Kilometer oder mehr. Ich trainiere nicht mehr so intensiv wie früher. Aber ich traue mich beispielsweise, am Pararace in Interlaken eine Startnummer überzuziehen und mitzufahren.
Das Thema Motivation spielt auf Ihrem Lebensweg eine besondere Rolle. Wie schaffen Sie es, trotz Ihrer Einschränkung motiviert zu bleiben? Ich habe einen positiven Weg gefunden, mein Leben in eigene Hände zu nehmen. Der Appetit auf das Leben und mein «Gwunder» haben mich geführt. Für andere Menschen ein Vorbild zu sein, macht mich stolz und zufrieden. Ich hatte niemals Probleme mit der Eigenmotivation. Ausser natürlich wenn es darum geht, eine Steuererklärung auszufüllen.
Unvergessen ist Ihr Medaillengewinn 2021 an den Paralympics in Tokio. Hätten Sie gedacht, dass Sie als 63-Jähriger noch zu derartigen Leistungen fähig sein würden? Nein. Ich habe die Sportwelt ja immer beobachtet. Die meisten Karrieren gehen mit 30, spätestens 40 Jahren zu Ende. Als ich in dieses Alter kam, habe ich einfach weitertrainiert. Ich hatte viele Gelegenheiten ausgelassen, mit einem Erfolg aufzuhören: Mit 50 gewann ich in Peking zweimal Olympiagold. Vier Jahre später in London wurde ich erneut Olympiasieger. 2016 in Rio de Janeiro verpasste ich Edelmetall ganz knapp. Einen solchen Schlusspunkt wollte ich nicht. So rückten die Spiele in Japan in meinen Fokus. Mit Japan verbindet mich eine besondere Geschichte: Ich gewann zehnmal in Folge den Oita-Marathon. Der zehnte Sieg im Jahr 1999 mit gleichzeitigem Weltrekord löste eine unglaubliche Wertschätzung aus. Ich wurde Ehrenbürger, werde noch heute an diesen Anlass eingeladen, mit bezahltem Hotel und Flugtickets. So dachte ich: 2021 in Tokio könnte ein guter Abschluss sein. Dass ich Silber holte, überraschte mich dann aber gleichermassen wie meine Gefolgschaft.
Nun widmen Sie einen Teil Ihrer Freizeit dem Pararace in Interlaken. Wie kamen Sie zum Vizepräsidium des organisierenden Vereins? Der Präsident Walter Hintermeister kontaktierte mich als Ideengeber und Kontaktperson. Zu Interlaken habe ich einen familiären Bezug. Meine Coucousine führte lange das Hotel Stella, und als junger «Giel» war ich häufig hier in den Ferien. So konnte ich zu diesem Amt nicht Nein sagen. Als Präsident wäre ich aber nicht der richtige. Ich denke, dafür braucht es die Nähe zur Region.
Was sind konkret Ihre Aufgaben? Den Kontakt zum Schweizer Rollstuhlsportverband herstellen und die Kontakte unter der Athletenschar pflegen. Ich möchte speziell darauf hinweisen, dass das Pararace kein reiner Spitzensport-, sondern auch ein Breitensportanlass ist.
Wo orten Sie den Stellenwert für solche Anlässe? Spüren Sie die Unterstützung von Politik und Sportverbänden? An der Unterstützung fehlt es nicht. Eher haben wir ein Terminproblem. Viele Rollstuhl-Leichtathleten, die wir in Interlaken gerne am Start hätten, sind im Frühling und Herbst an Marathons. Wir brauchen Aushängeschilder wie Marcel Hug, Manuela Schär oder Catherine Debrunner, um einen Zugang zum Publikum zu schaffen. Dem Publikum den Behindertensport zu vermitteln, ist nicht ganz einfach. Und da dies ein Outdoor-Anlass ist, muss natürlich auch das Wetter mitspielen. Mich freut, dass das Organisationsteam sehr darum bemüht ist, das Pararace ins Schaufenster zu stellen.
www.pararace.ch07. August 2025