Bild: zvg

Interview mit Urs Frey

Nach einem halben Jahrhundert schliesst der Kostümverleih von Urs Frey in Interlaken. Zwischen Osterhasen, Piraten, Hollywoodstars und Halloweenfiguren hat er Generationen eingekleidet – und selbst als Clown, Entertainer oder Zauberer Menschen begeistert. Im Gespräch erzählt er von Anfängen, Abschied und dem Zauber der Verwandlung.

Anzeiger Interlaken: Eine Ära geht zu Ende, was ist geschehen? Urs Frey: Mein Lokal an der Waldeggstrasse wird einer anderen Nutzung zugeführt. Für die 1800 Kostüme hätte ich einen neuen Platz gebraucht, doch trotz intensiver Suche habe ich keinen gefunden. Die Räume waren immer auch mein Herzstück: das Stöbern, Anprobieren, Lachen zwischen Kleiderbügeln und dem Sofa. Ohne geeigneten Ort ist der Verleih schlicht nicht weiterzuführen.
Die Anfänge waren in den Siebzigerjahren, erzählen Sie! Ich hatte ein Faible für Kostüme, war fasziniert, wie man mit Stoff und Fantasie in andere Welten eintauchen kann. Also habe ich mit ein paar Gewändern an­gefangen, dazu Helme und Perücken. Bald fragten die Leute mich an, weil sie für Fasnacht, Theater oder Firmenanlässe etwas Besonderes wollten.

Wie ging es weiter? Über die Jahre kamen immer neue Ideen dazu. Ob Osterhase, Halloween-Dämon, Pirat mit Augenklappe oder die grosse Robe à la Hollywood – alles hatte Platz. Es war ein ständiges Wachsen und Sammeln. Ich wollte, dass jede und jeder bei mir das passende Kostüm findet. Ich habe die Menschen nicht nur eingekleidet, sondern manchmal auch geschminkt, ich war auch mal Theaterschminker bei den Tellspielen.
Was hat sich die letzten Jahre verändert? Die Nachfrage hat sich verändert. Vieles wird heute digital gekauft, gemietet oder schlichtweg online bestellt. Fast Fashion ist auch bei den Kostümen eine Tatsache. In meinem Verleih gab es vermehrt Heraus­forderungen mit logistischen Aufwänden, Unterhaltskosten, Platz – die letzten Jahre waren nicht einfach. Privat bin ich älter ­geworden, möchte kürzertreten.

Sie haben sich selbst oft verkleidet, auch als Clown oder Entertainer. Was bedeutet Verkleiden für Sie persönlich? Es ist pure Magie. Sobald ich die Perücke aufsetze, setzt sich die Rolle in mir in Bewegung. Ob als lustiger Clown, quirliger Entertainer oder der historische Feuerwächter mit Pickelhaube – ich transformiere. Menschen lachen, öffnen sich, sind sofort mitten im Moment. Das ist das Schönste: Rollen können befreien, biografisch, emotional, einfach fürs Sein.

Was nehmen Sie mit aus den fünf Jahrzehnten? Zwischenmenschliches, Erlebnisse, Erinnerungen, ich denke an Kin­deraugen, wenn der Clown auftrat. An Unternehmer, die plötzlich ganz locker wurden, als sie in eine Rolle schlüpften. Die Begeisterung, wenn ein Fasnachtsgänger seine Idee genau im Regal fand. Das bleibt, ganz unabhängig vom Geschäft, das nun schliesst.
Wie fällt der Abschied nach so langer Zeit aus? Es ist emotional: 50 Jahre, unzählige Verkleidungen, Begegnungen, Kinder- und Firmenfeste. Andererseits bin ich erleichtert. Ein Kapitel schliesst sich, und ich freue mich auf Neues, auf entspanntere Zeiten. Aber ein bisschen wehmütig bin ich auch.

Wer ist Urs Frey? Ich bin ein geselliger Mensch. Bis vor anderthalb Jahren habe ich noch das Curling-Beizli im Eissportzentrum Jungfrau betrieben. Dort habe ich genauso gern Geschichten und Begegnungen gesammelt wie in meinem Kostümverleih. Ich mag Katzen, die bringen mich immer wieder zum Schmunzeln und erden mich. Und ich bin neugierig auf das, was jetzt kommt. Auch wenn der Verleih schliesst, bleibt für mich die Lust am Leben, an neuen Ideen, an Begegnungen. Ich glaube, das hört nie auf.

Ihr Schlusswort? Danke – von Herzen. Für 50 Jahre Vertrauen, Kreativität und Freude. Mögen alle weiterhin den Zauber der Verkleidung erleben, auch wenn mein Verleih bald Geschichte ist. Und wer weiss, vielleicht begegnen wir uns einmal verkleidet, live, auf einem Fest oder Anlass!

www.kostuem-frey.ch
28. August 2025

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