Der kulinarische Freigeist aus dem Berner Oberland ist bekannt für seine unkonventionellen Kochmethoden. In seiner Fernsehsendung bringt er den Geschmack dorthin, wo man ihn am wenigsten erwartet. Ein Gespräch über Trends und Herausforderungen, seine Vereinsarbeit und ein Leben zwischen Off- und Online.
Kürzlich haben Sie auf Instagram ein Bild gepostet, wie Sie Rüebli pflücken. Sie scheinen sehr zufrieden zu sein? René Schudel: Im Moment geht es mir wirklich gut. Ich bin gesundheitlich fit, obwohl mein Lebensstil mit viel Reisen, Unterwegssein, gutem Essen und Trinken nicht immer der gesündeste ist. Jeden Tag mit Freude zur Arbeit gehen zu dürfen, ist eines meiner persönlichen Erfolgsrezepte. Beruf, Freizeit, Hobby und Ferien fliessen bei mir ineinander. Ich darf vieles erleben, wofür andere Ferien nehmen müssten.
«Die schönsten Rezepte und Geschichten schreibt das Leben selbst», heisst es im Trailer zur Sendung «Schudel’s Food Stories». Stimmt das? Ja, das stimmt. Fast jedes Rezept hat seinen Ursprung in einer Geschichte. Ein Beispiel ist die Spaghetti bolognese: Dahinter steckt die Entwicklung der Ragù-Sauce in Bologna, die irgendwann mit Spaghetti kombiniert wurde. Alle traditionellen Gerichte haben eine Geschichte – ob aus der französischen oder italienischen Küche oder aus dem süddeutschen Raum. Wenn du die Geschichte kennst, hast du auch das Rezept.
Fernsehkoch, Feuerwehrmann, Helikopterpilot – wie bringt man so viele Aktivitäten in einem Leben unter? Ich habe jeden Tag 23 Stunden, die ich nutzen kann – eine Stunde brauche ich, um zu waschen, mich frisch zu machen und wieder in Form zu kommen (lacht). Die Feuerwehr bedeutet für mich einen sozialen Ausgleich. Vereinsarbeit ist in der Schweiz sehr wichtig. Das Helikopterfliegen hingegen ist für mich der Moment, wo ich ausloggen und offline sein kann. Das hilft mir sehr. Ich habe keine familiären Verpflichtungen, und das verschafft mir ein grosses Zeitfenster.
Zurück zur Küche, was ist gefragt oder «trendy»? Im Moment hat sich der Take-away-Bereich enorm entwickelt. Die Leute bestellen sehr viel, anders als vor 15 Jahren. Covid hat diesen Trend stark beschleunigt.
Und die jungen Leute? Körperkult ist ein massiver Trend in Europa. Viele junge Leute verzichten ganz auf Alkohol oder reduzieren den Konsum stark. Wir bewegen uns Richtung Ramensuppe und Mineralwasser (lacht). Bewusstes Essen und Herkunft spielen eine grosse Rolle.
Online oder offline? Das Schöne an unserem Metier ist, dass Geschmack, Geruch und das Erlebnis eines Essens nicht digital reproduzierbar sind. Man muss hingehen und es erleben. Ein Restaurantbesuch ist immer ein Gesamterlebnis, das auch Erinnerungen auslösen kann.
Im Berner Oberland hat sich gastronomisch viel getan. Wie sehen Sie die Entwicklung? Die Vielfalt hat zugenommen, es gibt Highlights, die gut funktionieren, und solche Lokale müssen sich keine Sorgen machen. Andere Restaurants kommen und gehen. Ein Lokal zu eröffnen ist einfach, aber es offen zu halten, ist das Schwierigste.
Weitere Herausforderungen? Ein grosses Problem ist der Personalmangel. Viele wollen nicht in Interlaken arbeiten und sesshaft bleiben, unter anderem wegen der Wohnungssituation. Saisonbetriebe, Gesundheitswesen und Gastronomie sind stark betroffen. Ohne würdige Wohnmöglichkeiten wird es immer schwierig, Mitarbeitende zu finden.
Wie läuft es mit der TV-Sendung? Wir waren zweimal in Finnland, drehen demnächst nochmals in Bologna, dann im Thurgau und in Wengen. Danach ist die Staffel abgeschlossen. Wir produzieren die Sendung nun seit 17 Jahren. Unser Anspruch war immer, dass am Ende der Sendung das Rezept der Star ist und die Zuschauer Teile davon mitnehmen können.
Was steht als Nächstes auf Ihrer Agenda? Jetzt ist wieder Hochsaison. Es stehen viele Events und Umsetzungen in der ganzen Schweiz an – etwa in Zermatt, Weinfelden oder Luzern. Im Restaurant ist ebenfalls viel los, besonders mit Gruppen. Der September ist immer ein harter Monat. Parallel dazu laufen bereits die Planungen für 2026 mit einigen Grossprojekten.
www.reneschudel.ch25. September 2025