Sags mit Blumen – und manchmal auch ganz ohne Worte. Wer durch das Stedtli von Unterseen schlendert, spürt es: Etwas blüht hier neu. Es duftet zart nach Rosen, Eukalyptus und dem Mut, Dinge anders zu machen. An der Oberen Gasse 22 hat Katja Hug einen kleinen Ort des Wachstums geschaffen – einen Ort der floralen Poesie.
Anzeiger Interlaken: Blumen quasi zum Selberpflücken mitten in der Altstadt von Unterseen – wie kam es zu dieser Idee? Katja Hug: Ich habe vorher im Blumenladen «Pur & Schön» gearbeitet, gleich gegenüber. Als dieses Geschäft per Ende letzten Jahres schliessen musste, ergab sich freundlicherweise für mich in diesem leerstehenden Kellerlokal die Möglichkeit, etwas Neues zu schaffen.
Das tönt nach einem aber? Ich wusste, dass ein herkömmlicher Laden auch hier nicht rentieren würde. In Bern habe ich gesehen, dass solche Konzepte mit Selbstbedienung funktionieren. Die Zeiten ändern sich, da muss man flexibel reagieren
Wie funktioniert das Konzept? Die Tür öffnet und schliesst automatisch mit einer Zeitschaltuhr. Der Laden ist nun von Montag bis Sonntag, also sieben Tage die Woche geöffnet. Gezahlt werden kann bar, per Twint, ein Verpackungstisch steht ebenfalls bereit. Da niemand vor Ort ist, wird der Laden halt mit Kameras überwacht.
Wie sieht Ihre Arbeit aus? Fast täglich bin ich aber für eine kurze Zeit vor Ort, um die Regale aufzufüllen, die Pflanzen zu pflegen und den Laden auf Vordermann zu bringen. Leute machen auch Vorbestellungen oder vereinbaren einen Termin für eine Beratung. Anstatt auf Kundschaft zu warten, bin ich unterwegs, sammle und beschaffe Materialien oder bin zu Hause, wo ich in meinem Atelier Sträusse und Gestecke kreiere. Ich arbeite so viel fokussierter auf den individuellen Kundenwunsch, kann meine Einkäufe besser planen, beschaffe Materialien gezielt und habe so auch weniger Abfall.
Blumen bedeuten für Sie? Mehr als Dekoration – sie sind kleine Botschafter der Zuwendung. Der Selbstbedienungsladen gibt meinen Kundinnen und Kunden die Freiheit, spontan Freude zu verschenken– mit viel Herz. Ich habe mich bewusst für dieses Format des Selbstbedienungsladens entschieden: kein klassisches Geschäft, sondern ein offener Ort. Und die Ausrede «kein Blumenladen hat mehr offen gehabt», gilt auch nicht mehr (lacht).
Aktuelle Trends? Trockenblumen sind beliebt, früher waren es nur Schnittblumen. Natürlichkeit ist gefragt, ich versuche immer, möglichst saisonal zu verkaufen. Eine abnehmende Tendenz stelle ich bei der Trauerfloristik fest.
Woher stammen Ihre Pflanzen? Blumen beziehe ich aus Italien und von der Thuner Blumenbörse. Dann gibt es in Gwatt ein Feld zum Selberpflücken. Und bei meinem Spaziergang mit dem Hund lasse ich mich von der Natur inspirieren und sammle Eicheln, Buchennüsschen, Gräser, Schwemmholz oder Rindenstücke, um meine Arbeiten mit solchen natürlichen Materialen ergänzen zu können. Dann habe ich noch örtliche Lieferanten, die wissen, was mir gefällt, und mir Sachen zutragen oder anbieten.
Sie sind gelernte Floristin mit höherer Fachprüfung – was fasziniert Sie an diesem Beruf? Floristik ist für mich wie Malen mit Natur. Ich arbeite mit Formen, Farben, Bewegungen, Textur und Gefühl. Jeder Strauss ist ein kleines Kunstwerk, vergänglich, aber intensiv. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind schier unendlich – das fasziniert mich bis heute. Blumen spiegeln oft das, was Menschen gerade bewegt – Freude, Trauer, Hoffnung.
Welche besonderen Angebote haben Sie? Ich liebe gesellchaftliche Ereignisse, Geburtstage, Abschlussfeiern, Hochzeiten – und Sprache der Blumen ist international. Ausserdem biete ich saisonale Sträusse, Trockenblumen, Gestecke, Geschenkideen. Weiter nehme ich individuelle Aufträge an, um Geburstage oder sonstige Feiern den letzten floralen Schliff zu geben oder erstelle auf Vorbestellung für jede Kundin und jeden Kunden einen Strauss oder ein Gesteck, genau nach Wunsch mit frisch beschafften Komponenten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft – persönlich und beruflich? Ich wünsche mir, dass wir wieder mehr auf das schauen, was blüht – im Kleinen wie im Grossen. Dass wir dem Schönen wieder mehr Raum geben. Ich hoffe, dass mein Geschäft weiter gut gedeiht.
www.stilmitbluete.ch31. Juli 2025