Er hat sein erstes Feldschiessen 1956 absolviert und letztes Jahr mit dem Gewinn des Kranzes seine beeindruckende Zielgenauigkeit bewiesen. Der 89-jährige Walter Amacher will dieses Jahr erneut antreten. Im Gespräch erinnert er sich an die Anfänge in der Schützengesellschaft Burglauenen, Veränderungen im Schiesswesen und sagt, warum er auch heute noch gerne in den Schiessstand geht.
Anzeiger Interlaken: Walter Amacher, Sie haben 1956 am ersten Feldschiessen teilgenommen. Wie war es damals? Walter Amacher: Ja, ich erinnere mich noch gut. Das Magazin hatte nur sechs Schuss, also mussten wir mitten im Wettkampf nachladen. Leider hat es mir damals um einen Punkt nicht für den Kranz gereicht. Den ersten Kranz holte ich im Jahr darauf, ich war sehr stolz.
Aber Sie kamen schon viel früher mit dem Schiesswesen in Berührung. Als Bub habe ich in der Schiessanlage Tschingeley in Burglauenen mitgeholfen. Kinder dienten also als sogenannte Warner, um den Schützen im Schiessstand die Treffer anzuzeigen. Im Scheibenstand gaben die «Zeiger» mit einer «Kelle» an, wo der Schuss gelandet war. Der «Kleber» wiederum hat permanent die Schusslöcher auf der Zielscheibe wieder zugeklebt. Wir waren also «Warner», «Zeiger» und «Kleber». Heute übernimmt diese Tätigkeiten die elektronische Trefferanzeige.
Haben Sie seither jedes Feldschiessen mitgemacht? Nicht ganz. Einige musste ich leider auslassen. Das Feldschiessen im vergangenen Jahr war meine 61. Teilnahme.
Gibt es Anekdoten aus dieser Zeit? Ich war eine Zeit lang auch Fähnrich bei der Schützengesellschaft Burglauenen und habe diese stolz an grossen Schützenfesten repräsentiert. Und einmal habe ich beim Eidgenössischen Schützenfest in Biel das Schiessbüchlein vergessen. Damals war man noch nicht so mobil. Wir waren mit zwei kleinen Autos und drei Motorrädern unterwegs – acht Leute in den Autos und sechs auf den Motorrädern.
Wie ging es weiter? In Münsingen legten wir eine Rast ein. Der Präsident der Schützengesellschaft, genannt «z Wyss Rüedi» fragte: «Hat jeder das Schiessbüchlein dabei?». Da merkte ich, dass etwas Wichtiges fehlte. Ich habe dann vom Wirtshaus aus nach Hause telefoniert, man solle mir das Büchlein per Expressbrief ans Schützenfest schicken. Wir setzten unsere lange Reise fort, Autobahnen in heutiger Form gab es noch nicht. Weil ich auf das Schiessbüchlein warten musste, schoss ich erst spät, was sich auf das Resultat auswirkte.
Warum hat Sie der Schiesssport so lange begleitet? Schiessen war immer ein wunderbarer Ausgleich zum Alltag. Ich war viele Jahre Betriebsleiter der Pfingsteggbahn in Grindelwald. Ich habe eine verständnisvolle Frau, zwei Söhne, Grosskinder und mittlerweile ein Urgrosskind. Einen kleinen Bauernbetrieb führte ich auch, da blieb oft nicht mehr Zeit für andere Hobbys. Ausser fürs Turnen, das habe ich ebenfalls intensiv betrieben. Und die Kameradschaft im Schiessstand ist einfach unbezahlbar. Ich geniesse es, mit Kollegen zusammenzukommen und die gelebte Tradition zu pflegen.
Was war früher anders als heute? Früher fand das Feldschiessen nur am Sonntag statt, dazwischen gab es eine Predigt. Der Pfarrer schoss das Programm danach auch noch – etwa Willy Lempen selig, der Feldprediger war. Nach der Rangverkündigung, dem Absenden, gab es früher einen Umzug mit Fahnen durch Grindelwald, die Schützen wurden von den Frauen und den Kindern begleitet. Es war ein grosses Fest.
Sie haben den Wandel im Schiesssport über Jahrzehnte miterlebt. Welche Entwicklungen sind Ihnen besonders aufgefallen? Die Technik hat sich enorm verändert. Früher haben wir mit dem Karabiner geschossen, später mit dem Sturmgewehr 57 und heute mit dem Sturmgewehr 90. Mit der aktuellen Armeewaffe schiesse ich schon etliche Jahre und bin ganz zufrieden.
Wie haben sich die Schützengesellschaften in den letzten Jahrzehnten verändert? Es sind viele Vereine verschwunden oder sie haben fusioniert, weil es weniger Nachwuchs gibt. Die Schützengesellschaft Lütschental gibt es schon länger nicht mehr, in Grindelwald wurden aus den Feldschützen, Militärschützen und Gletscherschützen die Eigerschützen. Die Schützengesellschaft Burglauenen ist aber über die Jahre gleich stark geblieben. Darauf bin ich stolz. Und wir haben auch engagierte Schützinnen im Verein.
Wo absolvieren Sie das diesjährige Feldschiessen? In der Anlage Aellauenen in Grindelwald. Manchmal brauche ich etwas Hilfe beim «Schieben» am Visier, um die Treffpunktlage zu justieren. Meist ist mein Sohn Peter auch vor Ort. Er oder ein Schützenmeister helfen mir dabei. Und ja, das Aufstehen vom «Läger» – dem Boden – geht auch nicht mehr so «ring» wie früher (lacht).
www.swissshooting.ch15. Mai 2025