Bild: zvg

Das schmelzende Herz der Alpen

Das neue Buch «Schweizer Gletscherlandschaften im Klimawandel­» ist mehr als ein Bildband; es ist ein eindringliches visuelles Zeugnis eines dramatischen Wandels. Es erzählt von den Menschen, die ihn seit Jahrzehnten beobachten.

Die Autoren Andreas Wipf, Samuel U. Nussbaumer, Horst Machguth und Heinz J. Zumbühl haben ein Werk geschaffen, das die Schönheit und die Vergänglichkeit der Schweizer Gletscherlandschaften in den Fokus rückt. Es ist eine faszinierende und zugleich schmerzhafte Gegenüberstellung: historische Aufnahmen neben aktuellen Panoramen, die den massiven Rückzug des Eises dokumentieren. In einem Interview mit dem verlegenden Haupt-Verlag schildern die drei Autoren ihre Motivation zum Buch folgendermassen: Für Samuel U. Nussbaumer begann die Faszination schon früh: «Ich war schon als kleines Kind fasziniert von den Gletschern und habe schöne Erinnerungen an die Besuche des in den 1980er-Jahren noch vorstossenden Oberen Grindelwaldgletschers.» Dieses tief verwurzelte Interesse führte ihn später zur Glaziologie, um mehr über das komplexe Zusammenspiel zwischen Gletscher und Klima zu lernen. Auch Andreas Wipf beschreibt die ursprüngliche Anziehungskraft: «Die leuchtenden Gletscher mit ihren eindrücklichen Spalten und Gletscher­toren, die urtümlichen Gletscher­vorfelder mit ihren Mo­ränenablagerungen haben mich schon immer in ihren Bann gezogen.»

Appell an die Wahrnehmung
Doch die Schönheit ist bedroht. Das Buch ist mit anderthalb Kilo ein Schwergewicht. Es beinhaltet 224 Seiten, rund 280 Fotos, 15 historische Gemälde, 25 Tabellen und 25 Karten. Und visualisiert den traurigen Fakt, dass die Gletscher Jahr für Jahr mehr schwinden. Die Autoren, die sich von der kleinen Schweizer Glaziologen-­Gemeinschaft kennen und teils seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, haben ihre Expertise gebündelt. Die fotografische Dokumentation selbst war eine Herausforderung. Wipf musste für die Vergleichsaufnahmen die früheren Standorte wiederfinden, oft ohne GPS-Daten. Er tastete sich «mit Horizontverschneidungen zwischen Vorder- und Hintergrund, markanten Felsen oder Steinen im Vordergrund» an die exakte Position heran. Samuel U. Nussbaumer erklärt, dass sie Satellitendaten auswerten können, um Gletscherveränderungen im grossen Massstab festzustellen, was die Beobachtung von etwa 275’000 Gletschern weltweit ermögliche. Das Buch «Schweizer Gletscherlandschaften im Klimawandel» (ISBN-978 3 258 08406 0, 48 Franken) aus dem Haupt-Verlag ist ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte und ein Appell an die Wahrnehmung. Es zeigt nicht nur den ­Verlust, sondern auch die sich neu formierenden Landschaften der Gletschervorfelder.

www.haupt.ch
20. November 2025

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