Bild: Erich Häsler

Interview mit Pascal Minder

Anstelle von Wilhelm Tell kämpft in diesem Jahr Robin Hood für Freiheit und Recht auf dem Gelände der Tellspiele. Pascal Minder, Präsident des Vereins Tellspiele, zieht eine erste Bilanz und beschreibt zwei Seiten einer Medaille, die Veränderungen mit sich bringen.

Anzeiger Interlaken: Dieses Jahr gehen die Tellspiele mit Robin Hood neue Wege. Waren Veränderungen an der Kulisse der Tellspiele nötig? Pascal Minder: Das Einzige, was wir verändert haben, ist eine Mauer mit einem Eingangstor, das Refugium von Lord Loxley vor der Burg «Zwing Uri», die im Hintergrund steht. Zwei Dächer wurden mit Gerüsten gesichert und mit Treppen versehen.

Die ersten Aufführungen sind vorbei. Was sagt das Publikum zu dem ungewöhnlichen Helden? Die Leute, die Robin Hood gesehen haben, sind begeistert. Das Stück kommt gut an, wir haben mehr Action, es gibt pyrotechnische Effekte, und wir haben eine Seilbahn, mit der die Kämpfer durch die Szenerie sausen. Es sind zwei Stunden voller Unterhaltung.

Was sagen die langjährigen Mitwirkenden? Viele haben Freude, einige nicht. Es gibt immer wieder Zu- und Abgänge, das gehört zu den Tellspielen. Der Verein hat Anfang 2020 mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass man neben Tell auch Nicht-Tellproduktionen in einer gewissen Regelmässigkeit zeigen will. Damals hat man noch nicht von einer Überlebensstrategie gesprochen, aber man wusste schon, dass die Besucherzahlen zurückgehen würden.

Die Situation könnte also besser sein? Im Jubiläumsjahr 2012 hatten wir fast 40’000 Besucher. 2023 war mit 12’000 Besuchern das schlechteste Jahr der Vereinsgeschichte. Wir liegen derzeit 15 Prozent hinter dem Vorjahr.

Die Gründe? Vielleicht sind die Leute wegen des mässigen Sommers noch nicht so in Freiluftstimmung. Wir sind voller Hoffnung, dass es noch besser wird. Aber wir können froh sein, wenn wir die Besucherzahlen von 2023 erreichen. Wir spielen noch bis zum 7. September.

Aber Sie stehen zu Ihrer Entscheidung, Robin Hood zu spielen? Die Medaille hat zwei Seiten. Die glänzende Seite ist, dass wir mit ­allen neueren Produktionen gute Produkte hatten, das zeigen uns die Kritiken und Rückmeldungen. Auch das «Best of» für fremdsprachige Gäste 2023 war künstlerisch gut, aber wir hatten immer zu wenig Publikum. Wenn man uns im Nachhinein etwas nicht vorwerfen kann, dann, dass wir nicht den Mut hatten, neue Wege zu gehen. Wir sind davon überzeugt, dass Robin Hood ein gutes Produkt ist. Wir haben für ein Amateurtheater alles rausgeholt.

Wie ist Robin Hood bei der jungen Generation angekommen? Auf unseren Casting-Aufruf im letzten Herbst haben sich so viele junge Leute gemeldet wie noch nie. Mit jungen Leuten ist es spontaner, sie sind kurzfristiger orientiert. Das muss aber kein Nachteil sein. Die Tellspiele sind keine Lebensaufgabe mehr, sondern vielleicht ein Sommerprojekt. Man darf nicht vergessen, dass die Tellspiele ein sehr integrativer Anlass sind. Wir haben junge Leute, alte Leute, Kinder und Menschen mit Einschränkungen. Das macht es spannend und anspruchsvoll.

Wie geht es den beiden Hauptdarstellern Luca Michel und Justin Renker? Beide sind begabte Schauspieler und stammen aus der Region. Luca Michel kommt aus Matten, Justin Renker aus der Region Thun. Beide sind jung, Anfang 20, und haben enormes Potenzial.

Was braucht es in Zukunft? Mehr Eintritte und einen grossen Partner, der uns unterstützt. Wir haben viel Zuspruch aus der Bevölkerung, aber der Verein Tellspiele kann sich den Betrieb aus eigener Kraft nicht mehr leisten, die Zeiten sind vorbei. Es braucht weiterhin die Unterstützung der öffentlichen Hand und einen Investor, der das zusätzlich unterstützt.

Ihr Schlusswort? Kommen Sie vorbei, erleben Sie einheimisches Schaffen, zwei Stunden spannende Unterhaltung vom Feinsten auf einer der schönsten Freilichtbühnen der Schweiz. Ob wir nächstes Jahr spielen können, wissen wir noch nicht. Die Gesellschaft entscheidet, welche Daseinsberechtigung die Tellspiele künftig noch haben.

www.tellspiele.ch
02. August 2024

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