Bald wird eine Statue von Goethe den Stadthausplatz in Unterseen bereichern. Initiiert wurde das Kunstwerk vom Tourismusem. Museumsleiter André Dähler spricht über Geldbeschaffung, künftige Projekte und weshalb der Dichter und Denker auch heute noch zeitlos ist.
Anzeiger Interlaken: Der Dichter und Denker Johann Wolfgang von Goethe kehrt nach Unterseen zurück, worauf darf man sich freuen? André Dähler: Goethe wird als Bronzeskulptur zurückkehren. Er wird auf einer Bank sitzen und mit einer Hand in die Berge zeigen, als ob er jeden Moment zu einer Wanderung ins Berner Oberland aufbrechen würde. Die Statue ist aus Bronze gegossen und wiegt rund 500 Kilogramm. Sie wird von der Aargauer Firma El Passione geliefert.
Schöne Kunstwerke kosten Geld, haben Sie den Betrag zusammengekriegt? Ich schätze, etwa 90 Prozent der Finanzierung steht. Wir richten jetzt noch eine Goethe-Stube ein, in der wir Wein verkaufen, und wir werden auch am Adventsmärit präsent sein. Zusammen mit der Raiffeisenbank haben wir ein Crowdfunding veranstaltet und potenzielle Geldgeber persönlich per Brief angeschrieben. Und wir erhielten noch Beiträge von Kulturförderungsorganisationen. Die Standortgemeinde Unterseen hat mitgeholfen, ebenso Interlaken und andere Gemeinden sowie Privatpersonen.
Warum Goethe? Im Oktober 1779 wanderte er zusammen mit dem Herzog August von Sachsen-Weimar-Eisenach in sechs Tagen durch das Berner Oberland und war einer der Ersten, der akribisch darüber berichtete. Und er ist zeitlos, im August wäre er 275 Jahre alt geworden, und seine Werke sind immer noch aktuell im Handel erhältlich.
Und Unterseen hat eine besondere Rolle gespielt. Ja, es ist überliefert, dass er im Stadthaus halt machte und dort eine Forelle zum Mittagessen genoss.
Was erhofft man sich? Er hat die Reise ausführlich in Tagebüchern dokumentiert und diese dann auch publiziert. Deshalb nennen wir Goethe auch den ersten Influencer. Er hat das berühmte Gedicht über den Staubbach im Lauterbrunnental geschrieben: «Gesang der Geister über den Wassern». Und viele Persönlichkeiten folgten ihm: Byron, Mendelssohn, Wagner und so weiter. Goethe war ein Wegbereiter des Tourismus.
Wie geht es weiter? Pünktlich am 9. Oktober, dem 245. Jahrestag seines Aufbruchs zur Wanderung ins Berner Oberland, wird die Statue eingeweiht. Und bis zum 14. Oktober gibt es Konzerte, Theater, Tage der offenen Tür und eine Filmvorführung. In Deutschland gibt es einen Zusammenschluss von Orten, an denen Goethe gewirkt hat. Diese Orte wollen ein Unesco-Projekt starten, ein internationaler Goethe-Weg soll entstehen. Insofern ist unsere Positionierung gerade richtig.
Wird das Stedtli zum neuen Influencer-Hotspot? Wir erwarten nicht, dass wir da jetzt Tausende von Besuchern haben wegen dieser Bank. Aber es gibt viele Goethe-Gesellschaften – 70 allein in Deutschland – und da erhoffen wir uns schon den einen oder anderen Impuls und Leute, die hierher pilgern.
Ist überhaupt ein Interesse spürbar für Goethe? In Deutschland gab es zu seinem Geburtstag Veranstaltungsreihen, Vorlesungen oder Theater, und die Anlässe waren immer gut besucht. Wir planen in naher Zukunft eine Bilderausstellung mit Werken aus der Zeit, als Goethe in der Schweiz weilte.
Seit sieben Jahren leiten Sie das Museum. In dieser Zeit wurde das Museum umgebaut, entstaubt und mit vielen interaktiven Elementen ausgestattet. Zusammen mit dem Museumsgestalter Otto Steiner aus Sarnen wurde eine Vision entwickelt, wie das Museum aussehen könnte. Das hätte aber über eine Million Franken gekostet – zu teuer für uns. Also beschlossen wir, das Museum Schritt für Schritt zu modernisieren.
Hat sich das auch in den Frequenzen niedergeschlagen? Das ist noch nicht klar. Corona hat auch uns aus der Bahn geworfen. Aber die Tendenz ist steigend.
Wer kommt ins Tourismusmuseum? Dieses Jahr hatten wir die Sonderausstellung mit Hanspeter von Allmen mit alten Fotos von Hotelbauten, da kamen rund 200 Einheimische. Unsere Besucher sind in erster Linie Touristen, die mehrere Tage in unserer Region verweilen.
www.tourismuseum.ch26. September 2024