Nach 18 Jahren in der 1. Mannschaft ist Schluss: Marco Pulver (33), der Ausnahmestürmer der SV Meiringen, ist zurückgetreten. In seiner letzten Meisterschaft schoss der Bankfachmann nochmals 28 Tore für seinen Klub, dem er als Vorstandsmitglied erhalten bleibt.
Anzeiger Interlaken: Wie fühlt es sich an, so wenige Wochen nach dem Rücktritt? Marco Pulver: Die letzten Wochen waren schon speziell. Man weiss, dass die Teamkollegen das Training wieder aufnehmen, und ist selber nicht mehr dabei. Auch die letzte Phase der Meisterschaft fühlte sich eigenartig an. Alles fand zum letzten Mal statt: Das letzte Heimspiel, das letzte Training …
… und das letzte Tor – es wollte ausgerechnet an Ihrem Abschiedsspiel nicht gelingen! (lacht) Tatsächlich. Gegen Interlaken habe ich sogar einen Penalty verschossen. Während der ganzen Saison hatte ich stets die gleiche Ecke gewählt. Diesmal war ich nervös, wechselte im letzten Moment die Ecke, was bekanntlich nie eine gute Option ist. Aber das Abschiedsspiel war trotzdem schön. Der FC Interlaken hat auch mitgeholfen und stand für mich Spalier. Das Resultat dieser Partie war zweitrangig.
Warum haben Sie aufgehört? Hauptgrund ist die Familie. Meine Frau und ich kriegen zum zweiten Mal Nachwuchs. Schon beim ersten Kind habe ich mir meine Überlegungen gemacht. 2022 nach einem Patellasehnenriss sagte ich mir: So kannst du nicht aufhören. Ich kehrte nochmals zurück, wollte dann aber im Sommer 2024 zurücktreten. Der Sportchef konnte mich überzeugen, noch eine Saison anzuhängen, allerdings mit reduziertem Trainingsbesuch.
Zum Abschluss wurden Sie nochmals Torschützenkönig der 2. Liga. Wie schiesst man so viele Tore? Auch bei mir gab es Hochs und Tiefs. Ich war nicht in jeder Saison so treffsicher. Mir kam sicher zugute, dass die SV Meiringen während vieler Jahre ein System mit einem Stürmer gespielt hat. Davon konnte ich profitieren.
Welches waren Ihre persönlichen Highlights in Ihren 18 Jahren in der ersten Mannschaft? Sicher im Jahr 2015 der Aufstieg in die 2. Liga. Wir konnten uns als krasse Aussenseiter gegen den FC Muri-Gümligen durchsetzen, der ein gewaltiges Budget für einen 3.-Liga-Club zur Verfügung hatte. Der zweite Aufstieg einige Jahre später war ebenfalls schön. 2. Liga zu spielen ist für die SV Meiringen nicht selbstverständlich, das muss man klar festhalten. Deshalb lautet das primäre Saisonziel immer: Ligaerhalt.
Ihre Goalgetterqualitäten haben sicherlich auch andere Clubs auf den Plan gerufen. Jetzt dürfen Sie es ja sagen – gab es verlockende Angebote? Ja, es gab Anfragen. Vor allem als ich noch jünger war, hätte ich jeden Sommer irgendwohin wechseln können. Aber für mich war das nie ein Thema. Fussball habe ich immer wegen meiner Kollegen gespielt. Das war mir wichtiger, als in höheren Ligen zu spielen. Rückblickend bin ich froh, dass ich so entschieden hatte.
Fussballprofi zu werden, hat Sie nie gereizt? Als kleiner Junge gab es diesen Traum natürlich schon. Ich durfte mal für ein paar Wochen in der U21 des FC Thun mittrainieren. Aber es gab andere, die besser waren. Und irgendwo in einem erweiterten Kader zu spielen, war für mich nicht reizvoll.
Die SV Meiringen muss nun ohne Sie klarkommen. Wie sehen Sie die Zukunft der Mannschaft? Aktuell haben wir sicher die Qualität, die Liga noch ein paar Jahre zu halten. Quantitativ sind wir eher knapp unterwegs; zwei bis drei zusätzliche Spieler würden nicht schaden. Entscheidend wird sein, wie viel Nachwuchs wir generieren können.
Und ein Comeback als Spieler ist ausgeschlossen? Ich habe mich nicht festgelegt. Ab und zu ein Training zu machen, wäre cool. Und vielleicht mal ein Spiel bei den Senioren oder im «Zwöi» – mal schauen.
www.svmeiringen.ch10. Juli 2025